10. April 2015
Facebook sammelt Daten über seine Benutzer, um ihnen passendere Services und Werbe-Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen. Wer dies nicht möchte, muss aktiv die Einstellungen auf der Dritt-Website der Digital Advertising Alliance ändern. Dies sei nicht rechtskonform, bemängelt eine provisorische Version einer Studie im Auftrag der belgischen Datenschutzkommission. Viel schlimmer aber noch: Facebook sammelt die Daten auch, wenn Benutzer aktiv deklarieren, dies nicht zu wollen. Und: Es ändert auch nichts, wenn jemand gar nicht oder nicht mehr Facebook-Mitglied ist und hiermit den Nutzungsbedingungen nicht zugestimmt hat.
Facebook hat sich vom sozialen Medium in ein Werbungs-Netzwerk gewandelt. Zu diesem Schluss kommt eine als provisorisch deklarierte Version einer Studie der Universität Löwen und der Freien Universität Brüssel im Auftrag der belgischen Datenschutzkommission:

Unfaire Vertragsbedingungen


Die Rechtslage wäre klar: Wer Verhaltensprofile von Konsumenten erstellt und sie zu Werbezwecken nutzt, braucht deren freiwilliges, spezifisches, informiertes und eindeutiges Einverständnis. Dies verlangen europäische Datenschutz- und Konsumentenschutz-Bestimmungen. Man darf sich also nicht aktiv abmelden müssen, damit keine Verhaltensprofile erstellt werden. Genau dies ist jedoch gemäss den aktuellen Nutzungsbestimmungen von Facebook der Fall. Wer nicht will, dass Facebook Profildaten über ihn sammelt und sie zu Werbezwecken nutzt, muss sich pro Gerät auf der Dritt-Website der Digital Advertising Alliance abmelden. Die Vertragsbedingungen von Facebook seien also unfair im Sinne des europäischen Konsumentenschutzgesetzes, kritisieren die Autoren in einem ersten Teil ihrer Studie.

Dazu kommt, dass Facebook-Nutzer zwar genau bestimmen können, welche Privatpersonen ihre Daten einsehen dürfen, nicht aber, welche kommerziellen Nutzer dies tun dürfen. Dies vermittle ein falsches Sicherheitsgefühl.

Datenverknüpfungen


In einem zweiten Teil der Studie untersuchen die Autoren, wie Facebook die selbst gesammelten Daten weitergibt und mit Daten Dritter kombiniert. Dass dies erfolgt, erklärt Facebook mit dem Bedürfnis, den Mitgliedern noch passendere Werbe-Services zukommen zu lassen oder dies Dritten zu ermöglichen. Gewisse Daten-Weitergaben an Dritt-Applikationen wie Instagram lassen sich zwar deaktivieren, andere aber nicht. Facebook selber gibt weder abschliessend bekannt, welche Arten von Informationen gesammelt werden, noch wofür diese Daten benötigt werden. Beides wäre gemäss Gesetz aber erforderlich.

Eigentlich dürften aus Sicht der Autoren zum Beispiel Standort-Daten nur erhoben werden, wenn dies für eine Dienstleistung benötigt würde, welche der Benutzer aktiv angefodert hat. Daten dürften zudem nur solange gespeichert werden, bis der deklarierte Verwendungszweck erfüllt ist. Solchen Anforderungen genügt Facebook aber nicht.

Abstinenz zwecklos


In einem dritten Teil der Studie unterwandern die Autoren im Grunde ihren eigenen Untersuchungsansatz. Hier zeigt sich nun nämlich, dass es gar keine Auswirkungen hat, ob eine Person sich für oder gegen das Erstellen von Verhaltensprofilen durch Facebook entscheidet. In beiden Fällen speichert Facebook ein Cookie namens „datr“ mit zweijähriger Lebensdauer auf dem Gerät der Facebook-User, sobald diese eine Seite besuchen, auf der ein Facebook-Plugin (z.B. Like- oder Empfehlungs-Button) platziert ist. Das „datr“-Cookie enthalte eine eindeutige Nutzererkennung. Es sammelt fleissig Daten über das Surfverhalten des Benutzers und schickt sie an Facebook.

Das Cookie wird, trotz anderslautendender Deklaration, auch dann auf dem Gerät der Benutzer gespeichert, wenn diese beim Besuch der Seite mit dem Plug-in nicht bei Facebook angemeldet waren. Doch auch die gänzliche Facebook-Abstinenz hilft nicht weiter: Auch bei Personen, die nicht oder nicht mehr Mitglied von Facebook sind, wird das Cookie „datr“ gespeichert. Facebook hält sich also nicht an seine eigenen Nutzungsbedingungen. Die Frage, ob diese fair sind oder nicht, wird hiermit eigentlich hinfällig. Übrigens: Wer niemals eine Seite besucht, auf der Facebook-Plugins oder –Services im Einsatz sind, kann trotzdem in Facebooks Radar gelangen. Dann nämlich, wenn er auf der Dritt-Website der Digital Advertising Alliance deklariert, kein Tracking und keine personalisierte Werbung zu wünschen.


Weitere Informationen:
golem.de: Facebook trackt jeden, Beitrag vom 31. März 2015
Universität Löwen und Freie Universität Brüssel: From social media service to advertising network. A critical analysis of Facebook’s Revised Policies and Terms. Draft-Version 1.2, 31. März 2015